Interview

„Wunder muss man selber machen“

Sozialunternehmerin Sina Trinkwalder engagiert sich für eine sozialere und ökologisch verantwortungsvollere Gesellschaft.

2010 haben Sie „Manomama“ gegründet und beschäftigen ausschließlich Menschen, die ansonsten im Arbeitsmarkt keine Chance haben. Kann man mit einem solchen Konzept überhaupt Geld verdienen?

Und ob! Auch mit sozialen Projekten kann man wirtschaftlich erfolgreich sein. Wir sind keine karitative Einrichtung, sondern ein stink-normales Unternehmen, das sich allerdings am Menschen orientiert. Wir schöpfen nicht, wie andere Unternehmen, horrende Summen ab. Aber solch hohe Gewinne kann heutzutage ohnehin keiner mehr rechtfertigen, da sie immer auf Kosten von Mensch und Umwelt gehen. Meine Unternehmen schreiben eine schwarze Null. Was wir darüber hinaus verdienen, wird in die Weihnachtsfeier gebuttert. Wir können keine großen Sprünge machen, aber alle gut davon leben und haben Spaß an der Arbeit.

Warum ist Ihnen die Partizipation Ihrer Mitarbeiter so wichtig?

Weil es die Zukunft ist. Wenn wir nicht alle beginnen, radikal unseren absoluten Anspruch an die Wirtschaft umzudenken, dann sehe ich für die Zukunft schwarz. Anstatt allein den monetären Gewinn in den Mittelpunkt zu stellen, sollte ein Unternehmen den Menschen dienen. Ich habe „Manomama“ 2010 zum Zweck der sozialen Optimierung der Gesellschaft gegründet und gleichzeitig, um ein ökologisches Problem zu lösen. Nun produzieren ehemals Erwerbslose regionale und ökologische Textilprodukte. Mittlerweile arbeiten bei „Manomama“ 150 Festangestellte und machen zehn Millionen Euro Jahresumsatz.

Gerade haben Sie nach Ihrem ersten Unternehmen, einer Werbeagentur, und „Manomama“ eine weitere Firma gegründet…

Richtig. Bei „Brichbag“ verarbeiten wir Stoffreste einer Markisenfirma zu Rucksäcken, die wir an Obdachlose verschenken. Aktuell arbeite ich dazu noch an einem Projekt für Menschen mit Behinderungen und ältere Erwerbslose: Denn klassische Aufgaben in Behindertenwerkstätten wie Tüten kleben erledigen mittlerweile Maschinen. Gleichzeitig produziert die Industrie enorm viele Abfälle, die eigentlich noch zu gebrauchen wären. Mit meiner Idee greife ich beide Themen auf. Im Laufe des Jahres 2018 wird die Idee wohl marktreif werden. Ich mache mir da keinen Druck, eine Produktentwicklung dauert eben so lange, bis das Produkt auch wirklich gut ist. Um unabhängig und frei zu bleiben, hole ich mir keine Investoren ins Boot.

Woher nehmen Sie die Energie für Ihre vielen Unternehmungen?

Antrieb ist meine Menschenliebe. Ich glaube, die gehört zum Unternehmertum. Einfach machen. Wunder geschehen nicht, Wunder muss man selber machen. Wir sollten zurückkommen zum klassischen Bild des Familienunternehmers, der sich Zeit für seine Mitarbeiter nimmt, durch die Produktionsreihen geht und sich für die Belange seiner Leute interessiert. Dessen Mitarbeiter das Gefühl haben, mitzumachen und am Unternehmenserfolg beteiligt zu sein.

Das Interview erschien im Magazin „Unsere Wirtschaft“ der IHK Lüneburg-Wolfsburg